Montag, 24. Juni 2013

Looking up to



Vorbilder, finde ich wirklich wichtig. Vorbilder sind toll, denn sie können einem helfen, sich selber mehr zu mögen, sich zu finden. Es geht nicht darum, jemanden nach zu eifern oder wie jemand sein zu wollen, der man nicht ist. Aber es ist wunderbar jemanden zu finden, der die gleiche politische Einstellung hat, die gleichen Hobbys, die gleichen Ziele oder Träume, jemand mit dem man sich identifizieren kann egal ob äußerlich oder innerlich, denn es gibt einem das Gefühl, dass man nicht alleine ist mit seiner Einstellung.

Ich glaube, dass man nie zu alt ist für Vorbilder und erst Recht nicht zu jung. In der Retrospektive würde ich mir wünsche, dass ich schon als Teenager mehr Vorbilder gehab hätte. Ich meine klar gab es da Menschen die ich bewundert habe, ich hatte Vorbilder wenn es um Dinge ging wie Lebenseinstellung, Musik, Politik, aber was ich nie hatte, war eine andere dicke Frau. 

Als dicker Teenager hat man es in den seltesten Fällen leicht. Ich hatte es nur so mittelschwer. Innerhalb meiner Klasse ging es mir gut, ich hatte Freunde und eine nette Familie, trotzdem waren Thema wie Gewicht, Ernährung und mein Körper immer aktuell. Und ich kann mich an keinen Moment erinnern, in dem ich nicht davon überzeugt war, dass zum einen zu dick bin und zum anderen dringend etwas daran ändern muss. Mir war immer bewusst, dass ich so nicht gut genug war, ein besserer Mensch sein würde, wenn ich Normalgewicht hätte. Manchmal würde ich meinem ehemaligem Ich gerne einen Klaps auf den Hinterkopf geben. Ich war rebellisch, oder zumindest habe ich es versucht, ich habe meine Haare bunt gefärbt, mit Sicherheitsnadeln durch Ohr gezogen, die Schule mit "Nazis raus" Stickern verschönert. Alles was ich wirklich, wirklich wollte, war anders sein, eine andere Meinung haben, eine Meinung haben die Leute provoziert und nie bin ich auf die Idee gekommen, dass ich in Frage stellen sollte, was ich über meinen Körper oder mein Gewicht denke. 
Ich sage das nicht, weil ich mich im Nachhinein darüber wirklich ärgere, aber um zu zeigen, wie sehr ich in dem Gedanken gefangen war, dass dick sein, einfach nicht akzeptabel ist. Retrospektiv ist das wohl auch der Grund, warum ich nie auf die Idee gekommen bin, mir ein dickes, weibliches Vorbild zu suchen, weil der Gedanke, dass es dicke, schöne, erfolgreiche oder glückliche Frauen gibt, mir komplett fern lag. Es gab und es gibt, kaum dicke Frauen oder Mädchen im Fernsehen, in allen Filmen ist das dicke Mädchen immer die nervige Freundin, oder die, über die man sich lustig macht. Dicke Mädchen sind nicht die Ballköniginnen, sie kriegen nicht ihren Traumtyp. Ein Bild, dass mich die meiste Zeit meines Lebens begleitet hat und an dem ich nicht mal versucht habe zu rütteln, weil es mir nicht in den Sinn gekommen ist.

Ich habe schon immer eine Schwäche für kitschige Liebesromane, meistens lese ich auf, was bei Mama im Schrank steht und irgendwann, mit 16 oder 17 fiel mir ein Buch in die Hände, das meinen Geisteszustand in blown away veränderte. Und zum aller ersten Mal habe ich ein Buch gelesen in dem die Protagonistin dick ist, für ihr Leben gerne isst, den tollen Typen abbekommt und zum Schluss auch noch von diesem auf eine sehr heiße Art und Weise mit Donuts gefüttert wird. Natürlich war es kitschig und genau so unrealistisch wie jeder anderes Liebesroman, aber ich konnte mich zum ersten Mal mit der Hauptfigur identifizieren. 
Ein oder zwei Jahre später googelte ich folgenden Satz "standing in the reign of control" und stolperte mit Anschwung in die mir bis dato unbekannte Band Gossip. Ich war zu gleichermaßen schockiert und freudig erregt, eine dicke Frau in kurzen Kleidern zu sehen, die Haare unter den Armen hatte und aussah, als würde sie einen Scheiß auf jede Meinung geben. 

Von da bis jetzt, war es immer noch ein langer Weg, aber ein Weg, der gesäumt war von anderen dicken Menschen, mit denen ich mich identifizieren konnte. Ich bin der festen Überzeugung, dass Vorbilder jedem gut tun, weil sie uns zeige, dass wir auf dem richtigen Weg sind, weil sie uns das Gefühl haben, dass es mindestens noch einen einzigen anderen Menschen auf dieser Welt gibt, der genauso denkt wie wir. Leider ist es nicht immer leicht, jemanden zu finden, zu dem man aufschauen kann, wenn man, egal auf welche Weise, anders ist. Wenn man das Gefühl hat, man kann sich nicht mit dem Mainstream identifizieren. Und weil wir ja alles wissen "sharing is caring" würde ich mich freuen wenn ihr mir eure Vorbilder zeigt, die grob aus den Bereichen Fat Acceptance, Body Positivity, Feminismus, Fat Fashion, Plus Size kommen. Schickt mir den Namen, eine klitzekleine Beschreibung, nicht mehr als 100 Wörter wofür ihr diese Person bewundert, oder welche Meinung oder Einstellung oder andere Eigenschaft sie zu etwas besonderem für euch macht und wenn ihr mögt verlinkt noch ein Foto von eurem Vorbild, per Mail (reizende.rundungen@yahoo.de) bis zum 1. Juli. Und freut euch dann auf einen Eintrag der hoffentlich prall gefüllt mit inspirierenden Personen ist und eure jede Menge Stoff für neue Vorbilder liefert.

EDIT
Ich wollte nur hinzufügen, dass eure Vorbilder weder dick sein müssen, noch müssen sie Frauen, es soll hier um Menschen gehen, die euch geholfen haben, euch selber besser kennen und lernen zu lieben, und für mich persönlich was es immer eine dicke Frau die mir fehlte, wenn euch aber jemand anders dazu verholfen hat, dann ist das wundervoll und sollte genauso gewürdigt werde!